Neues Gebiss gefällig?

„Um weitere Fahrverbote zu verhindern, startet der Volkswagen-Konzern eine groß angelegte Umtauschaktion für Dieselautos.”

So las ich es heute Morgen in meiner Tageszeitung. Und fragte mich – wieder mal: Meint der Autor das Ernst? Besser gesagt die Autoren. Denn es sind sogar gleich zwei, die den Artikel geschrieben haben. Offensichtlich nach dem Motto: Doppelt blauäugig hält besser.

Ist es nicht genug, dass wir von den Konzernen und Politikern an der Nase herumgeführt werden? Müssen unsere „Qualitätsmedien” da sogar noch mitmachen? Denn eins ist doch wohl klar: VW macht das nicht wegen drohender Fahrverbote, sondern zu allererst, um den eigenen Absatz anzukurbeln.

Und überhaupt: Umtauschaktion? Ständig ist von einer Umtauschaktion die Rede. Ganz so, als ob man für seinen alten Diesel einfach einen neuen Wagen bekäme. Also altes Fahrzeug abgeben, neues mitnehmen. Stattdessen muss man noch ordentlich etwas obendrauf legen … wenn man es sich denn leisten kann. Warum dürfen die Autobauer das also Umtausch nennen? Und warum übernehmen die Medien diesen irreführenden Begriff völlig unreflektiert? Aber was nörgele ich schon wieder rum. Kritisches Journalistentum muss man heutzutage eben mit der Lupe suchen.

Gänzlich fassungslos war ich dann allerdings, als ich las, wie VW uns seine tolle „Umtausch”aktion verkaufen will. Originalton der Vetriebsleitung: Das Unternehmen leiste mit dem „umfangreichen Maßnahmenpaket einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität in deutschen Städten”.

… an dieser Stelle erfolgte wieder mal der dezente Hinweis meiner Frau, ich möge mich doch bitte nicht beim Frühstück immer so aufregen.

Doch ganz ehrlich: So dreist sie auch ist, die Strategie von VW, sie hat durchaus etwas Geniales an sich:
1. Massenhaft Dreckschleudern als umweltfreundliche Autos verkaufen.
2. Dadurch die Luftverschmutzung vorantreiben.
3. Eine Menge Geld damit verdienen.
4. Für die Beseitigung des maßgeblich mit verursachten Problems nochmal abkassieren.
5. Sich selbst dafür als Retter in der Not inszenieren.

Ich stelle fest: Seit dem Abgang von Michael Müller hat man dort offenbar noch an Chuzpe hinzugewonnen. Dabei war der schon nicht ohne. Hut ab!

Aber mal im Ernst. Das ist doch ungefähr so, als wenn Ihnen Ihr Zahnarzt bei der nächsten Routinekontrolle ohne Vorwarnung die Zähne einschlägt. Und Ihnen dann einen Preisnachlass für die Restaurierung Ihres Gebisses anbietet. Und zu guter Letzt sollen Sie ihm für seine Großzügigkeit auch noch dankbar sein.

Ich weiß, der Vergleich hinkt. So blöd ist kein Zahnarzt. Schließlich verdient er am Zähne einschlagen nichts. Trotzdem: Ich glaube, ich verschiebe meinen nächsten Termin doch lieber auf unbestimmte Zeit …

Denn sonst kann ich in Zukunft vielleicht nicht mehr ordentlich frühstücken. Und wann soll ich mich dann aufregen?

 

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