… aber das Zahnfleisch muss raus.
Hach, was waren das für schöne Zeiten, als man noch über solch harmlose Witze lachen konnte!
Und heute? Heute muss ich sogar eine Lanze für die Zahnärzte brechen. Hätte ich auch nie gedacht. Wo das doch alles FDP-Wähler sind. Genauer gesagt: Ich muss mich an dieser Stelle mal für die niedergelassenen, selbstständigen Zahnärzte einsetzen. Denn die gute alte Zahnarztpraxis, wie es sie immer schon gab, ist vom Aussterben bedroht. Und der Grund: Heuschrecken natürlich, wie immer. Auch Finanzinvestoren genannt.
Warum das?
Seit 2015 erlaubt es der Gesetzgeber, dass Zahnärzte sich in sogenannten zahnmedizinischen Versorgungszentren, kurz ZMVZs, zusammenschließen. Also praktisch private Zahnkliniken gründen dürfen. Weil man die Versorgung im ländlichen Raum sichern wollte.
Das Problem ist: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Und wenn es denn von unserer damaligen Regierung (die immer noch die Gleiche ist) überhaupt gut gemeint war, dann meinte sie es sicherlich nicht gut mit den Patienten. Denn eins musste schon damals allen Beteiligten klar sein: Dass man mit dem Gesetz Finanzmarktjongleuren das perfekte Einfallstor für den nächsten Gesundheitssektor öffnen würde. Und zwar weit wie ein Scheunentor. Und wo das bekanntlich hinführt, sehen wir bei Krankenhäusern und Pflegeheimen.
Kein Wunder, dass die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung Alarm schlägt. Das Ganze scheint nämlich inzwischen in der Tat ein überaus lukratives Geschäft zu sein. Den deutschen „Zahnarztmarkt” – bzw. die Profite daraus – teilen sich momentan sieben größere Investorengruppen. Übrigens mischt auch die Jacobs-Kaffee-Dynastie mit. Das hat doch Schneid: Zuerst dem Kunden mit dem eigenen Gebräu die Zähne vergilben, dann ein teures Bleaching anbieten. Heißt: Doppelt abkassieren.
Und wo kann man am besten abkassieren? Klar, dort wo es möglichst viele potenzielle Patienten gibt. Und das ist … hm, mal überlegen .. im ländlichen Raum? Oder doch eher in Städten und Ballungszentren? Ich würde ja auf Letzteres tippen. Was meinen Sie?
Fragen wir doch mal das Bundesgesundheitsministerium, wo die meisten ZMVZs entstehen. Zum Glück haben die Grünen uns diese Arbeit bereits abgenommen. Antwort: “Nach den vorliegenden Zahlen werden an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmende MVZ in der Regel regional und überwiegend in Ballungsräumen gegründet.”
Tja, liebe Politiker, nix also mit Versorgungssicherheit auf dem platten Land. Jedenfalls nicht auf dem Wege der ZMVZs. Aber das konntet ihr ja nicht ahnen … Der „Bundesverband für nachhaltige Zahnheilkunde” (BNZK), zufällig gerade neu gegründet, beharrt übrigens trotzdem darauf: ZMVKs stärken die zahnmedizinische Versorgung auf dem Land. Kein Wunder. Schließlich handelt es sich dabei um die Lobbyorganisation der betreffenden Investorengruppen. Nachhaltig, wie es der Name will, werden wahrscheinlich vor allem die Profite der Geldgeber sein, nehme ich an. Auch mit Begriffen kann man eben Nebelkerzen werfen. Wer würde zum Beispiel aus dem Namen „Initiative neue soziale Marktwirtschaft” auf eine Lobbyorganisation der Arbeitgeberverbände schließen?
Heute wurde übrigens im Bundestag ein neues Pflege-Paket beschlossen. Das heißt: Es gibt mehr Geld, auch für ambulante Pflegedienste. Am meisten profitieren jedoch Krankenhäuser und Pflegeheime. Also just die Institutionen, die inzwischen zu einer grandiosen Geldmaschine für Finanzinvestoren geworden sind. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Und nun raten Sie mal, wer etwa zwei Drittel aller Pflegebedürftigen betreut. Kleiner Tipp von mir: Es sind nicht Krankenhäuser und Pflegeheime.
Ich würde mal sagen:
Der Bundestag ist in Ordnung, aber die Abgeordneten müssen raus …
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