„He Jens, trinkste noch ´n Bierchen mit?”
„Jo! Kalle, machste uns zwei hübsche Pilsken?”
…
„Na dann, Prost!”
„Prost! Hab´ übrigens heute meine Renteninfo gekriegt. Mann, Ingo, ich sag´ Dir, da bleibt später nich´ viel übrig. Das reicht hinten und vorne nich´. Mein Feierabendbier kann ich mir dann nich´ mehr jeden Tag leisten.”
„Brauchste ja auch nich´. Hast ja dann als Rentner keinen Feierabend mehr, hehe!”
„Find´ ich gar nicht komisch, Mann!”
„Okay, okay. Und was wird mit unserer jährlichen Vatertagstour ins Sauerland?”
„Is´ dann gestorben, fürchte ich. Elke dreht mir den Hals um, wenn nich´ genug Kohle für den Urlaub im Harz übrig ist.”
„Scheiße!”
„Genau! Scheiß-Demografikwandel oder wie das heißt. Mein Ältester, der Jonas, der studiert jetzt Politik. Der meinte neulich mal, das mit dieser Demografik wäre rentenmäßig eigentlich gar nich´ so´n großes Problem, wenn die da oben nur mal ´ne vernünftige Politik machen und die Firmen ordentliche Löhne zahlen würden. Hat irgendwas von Produktivität gefaselt und so. Wie das gehen soll, hab´ ich aber nich´ kapiert. Und er meint, dass es vielleicht besser wäre, wenn die Schwarzen mal allein regieren würden.”
„´Ne Minderheitsregierung? Jens, spinnst du? Kuckste keine Nachrichten? Das ist doch Chaos, ganz übel! Hat auch gerade wieder einer von denen im Interview in der Bild gesagt. Das willste doch nich, oder?”
„Nee, da haste recht, ´ne stabile Regierung brauchen wir unbedingt. Wie sollen die sonst ´ne ordentliche Politik machen?”
…
Hand aufs Herz: So ticken wir doch, wir Deutschen, oder? Alles muss immer schön sicher sein, stabil eben. Und bloß keine Experimente. Selbst wenn es für uns selbst vielleicht gar nicht von Vorteil ist. Sondern nur für „die da oben”. Das wird uns ja seit Jahrzehnten so eingetrichtert. Im Zweifel mit dem „Argument”, dass es erst mal denen gut gehen muss, ehe es uns gut gehen kann.
Wie sollte der deutsche Normalbürger denn auch offen sein für eine Minderheitsregierung? Die Medien sind dabei jedenfalls nicht sehr hilfreich. Oder haben Sie auch nur einen Hauch von öffentlichem Druck auf CDU und CSU spüren können, eine Minderheitsregierung zu bilden? Ich nicht.
Natürlich wurden immer wieder Politiker beider Parteien auf das Thema angesprochen. Doch jedes Mal kamen sie mit der Aussage durch, eine Minderheitsregierung wäre per se instabil und somit die schlechteste aller Lösungen. Einfach so, ohne Begründung. Nachfrage des Interviewers? Fehlanzeige! Gerade erst wieder zu bestaunen bei Thomas Strobl, seines Zeichens CDU-Innenminister in Baden-Württemberg.
Nicht, dass ich ein Fan von CDU und CSU wäre. Oder unbedingt eine Minderheitsregierung bräuchte. Aber spannend wäre es schon, oder? Wenn die sich die Mehrheit für ihre Vorhaben immer wieder erarbeiten müssten. Gelebte Demokratie eben. Vielleicht käme dabei ja wenigstens ab und zu eine sach- und am Bürger orientierte Politik heraus. Und für Angela Merkel hieße es endlich mal: Regieren statt reagieren. Oder drücken wir es lieber positiv aus: Sie könnte endlich mal zeigen, was sie drauf hat. Ich mutmaße allerdings, wir würden nur merken, was sie alles nicht drauf hat.
Aber das ist natürlich nur ein Tagtraum. Denn statt die Unionsparteien in die Pflicht zu nehmen, wurde nach dem Platzen der Jamaika-Träume sofort aus allen medialen Rohren auf die SPD gefeuert und ihr die eigene „staatspolitische Verantwortung” unter die Nase gerieben. Da blieb Martin „Mr. Strategy” Schulz gar nichts anderes übrig, als umzufallen. Mitleid habe ich allerdings nicht wirklich mit ihm. Schließlich hat er sich das alles – von seiner Wahl zum Vorsitzenden bis heute – vorrangig selbst zuzuschreiben.
In der Zwickmühle der SPD möchte ich wirklich nicht stecken:
Bildet sie eine Regierung mit den Schwarzen, geht sie gnadenlos unter. Genau wie schon in den Sondierungsgesprächen. Wie hatten die Parteioberen der SPD, allen voran Andrea „Pippi” Nahles, vor den Gesprächen nicht rumgetönt! Das würde teuer für die Unionsparteien werden! Und nun? Gibt es in den Ergebnissen einen einzigen Punkt, der CDU und CSU wirklich weh tut? Bei dem sie größere Zugeständnisse machen und von ihren Positionen deutlich abrücken mussten? Wohl kaum. Das wird schon daran deutlich, dass sich die Kritik aus der Wirtschaft an dem Papier eher gemäßigt ausnimmt. Und daran, wie in vielen Medien für die Sondierungsergebnisse, ergo für die GroKo, geworben wird.
Gibt es dagegen keine große Koalition, geht die SPD bei den Neuwahlen baden. Denn wenn die Regierungsbildung scheitert, wird das beim Wahlvolk nicht gut ankommen. Und Sie können sicher sein, dass die Medien ihr Scherflein dazu beitragen werden, die Schuld der SPD anzulasten.
So oder so: Es könnte ein Blick in die Zukunft der SPD gewesen sein, als Alexander Dobrindt letztens von einem Zwergenaufstand sprach. Er kann zwar nicht hellsehen, er weiß aber bestimmt, wovon er redet …
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